Rückblick auf die Finanzmärkte 2022
Das Börsenjahr 2022 war von hoher Volatilität und starken Kursverlusten an den Aktien- und Anleihenmärkten geprägt. Das es an den Aktienmärkten zu verlustreichen Anlagejahren mit unterschiedlicher Ausprägung kommen kann, ist nicht ungewöhnlich. Hingegen sind Verluste an den Anleihenmärkten eher die Ausnahme. Vor allem das Ausmaß der Verluste im zweistelligen Bereich ist für Anleihen ein historisches Ereignis. Das letzte Jahr in dem es an den Aktien- und Anleihenmärkten gleichzeitig Verluste gegeben hat, reicht in den USA ins Jahr 1994 zurück. In Europa gibt es für dieses Phänomen historisch betrachtet kaum Beispiele. Die ausschlaggebenden Gründe für diese Verluste waren Makrothemen, geopolitische Entwicklungen und eine Abkehr der global bedeutenden Notenbanken von ihrer ultralockeren Geldpolitik. Dieser Themenmix hatte in allen Assetklassen starke Schwankungen und teilweise heftige Kursverluste zur Folge und bereitete den Finanzmarktteilnehmern ein lange nicht mehr erlebtes schwieriges Veranlagungsumfeld.
In der Spitze kletterte die Inflation in der Eurozone im September auf 10% im Jahresvergleich. In den USA lag die Inflation im Juli bei 9,1% im Vergleich zum Vorjahr und in UK lag der Preisanstieg bei 10,1%. Diese enorme Preisdynamik veranlasste die globalen Notenbanken, allen voran die Fed in den USA, mehrere Leitzinserhöhungen durchzuführen und dabei entschlossen, schnell und mit großen Zinserhöhungen vorzugehen. Im November wurde der Leitzinssatz das vierte Mal in Folge um 75 Basispunkte erhöht. Historisch betrachtet sind das ungewöhnlich große Zinsschritte und zeigt die Dringlichkeit der Fed, um die Inflation wieder in Richtung ihrer Zielniveaus von 2% zu bringen. An den Finanzmärkten kam es aufgrund der Abkehr von der lockeren Geldpolitik zu Neubewertungen. Aktien im Technologiesektor und im klein- und mittelkapitalisierten Segment mussten in den USA und Europa stärkere Kursverluste hinnehmen. Besonders starke Kursverluste im Ausmaß von 80% und mehr erlitten Unternehmen, die keine Gewinne erzielten.
In Summe konnte in diesem schwierigem Börsenumfeld kaum ein Aktienmarkt reüssieren. Der Trend an den wichtigsten Aktienmärkten war klar nach unten gerichtet. Das Minus beläuft sich Ende Dezember (Stand: 30. Dezember Preisindizes jeweils in EUR) in den USA (S&P 500) auf -15,54%, in Europa (MSCI Europe) auf -13,05%, in Japan (MSCI Japan) auf -14,48% und für Emerging Markets (MSCI Emerging Markets) auf -18,34%.
Einem EUR-Investor kommt die starke Aufwertung des USD zu Gute. Der USD profitierte in diesem unsicheren Börsenumfeld von seinem “safe-haven”-Status und der Zinspolitik der Fed und konnte um mehr als 5,79% aufwerten. Im Vergleich dazu blieb die Bank of Japan als einzige bedeutende globale Notenbank bei ihrer lockeren Geldpolitik. Die japanische Währung stand unter gehörigem Abgabedruck. Zum EUR verlor der JPY ca. 7%.
Die Verluste an den Aktienmärkten konnten im Jahr 2022 von den Anleihenmärkten keineswegs ausgeglichen oder abgemildert werden. Teilweise liegt das Ausmaß der Verluste an den Anleihenmärkten ähnlich wie bei den Aktienmärkten im zweistelligen Bereich. Ausschlaggebend für diese Kursverluste war die sich verschärfende Inflationsdynamik, die eine restriktivere Notenbankpolitik zur Folge hatte. Daraus resultierten massive Renditeanstiegen und somit Kursverlusten bei Anleihen. Bei Treasury Notes mit einer 2-jährigen Laufzeit stieg die Rendite von ca. 0,75% zu Jahresbeginn in der Spitze auf über 4,5% an. Eine ähnliche Dynamik war am europäischen Anleihenmarkt zu verzeichnen, der ebenso begann die Zinsschritte der EZB und die Inflationsentwicklungen einzupreisen. Die Renditen für deutsche Anleihen lagen zu Jahresbeginn für Laufzeiten bis zu 10 Jahren durchwegs im Minus. Zum Jahresende lag die Rendite für 2-jährige Anleihen bereits bei mehr als 2,5% und die Rendite für 10-järige Anleihen kletterte ebenso auf ca. 2,5%. Mit Staatsanleihen konnte im vergangenen Jahr keine positive Performance erzielt werden. Das trifft ebenso auf Unternehmensanleihen, „High Yield“, Emerging Market Lokalwährungen und Hartwährungen zu, wo es ebenso zu Renditeanstiegen kam. Zudem belasteten “Spread”-Ausweitungen im Vergleich zu Staatsanleihen, diese Anleihen Segmente.